Was für ein Jahr?

Hand aufs Herz. In Summe war 2021 nicht so prall, oder? Die meisten werden es vermutlich nicht als ihr bestes Jahr verbuchen. Verständlich, aber neben all der negativen Dinge, die die vergangenen Monate geprägt haben, fand ich es eine erfrischende Idee im Weihnachtszirkus von „Fest & Flauschig“ zu sehen, wie Jan Böhmermann und Olli Schulz gemeinsam mit Eva Schulz ihre drei größten Ereignisse, ihre schönsten Erlebnisse des vergangenen Jahres erzählten.

Sich aus einer Zeit, die in Unerfreulichkeiten zu ersticken scheint, die positiven Höhepunkte vergegenwärtigen? Im ersten Moment war da eine gewisse Resignation – was soll an diesem verkorksten 2021 schon großartig gewesen sein? – aber die Rückschau lohnte sich und es waren nicht nur drei, sondern viel mehr Ereignisse, die auch dieses Jahr wertvoll gemacht haben.

Wie sieht es bei euch aus? Was waren eure wunderbaren Momente im vergangenen Jahr?

Hier meine drei Höhepunkte.

Platz 3. Sich selbst überwinden

Schon länger habe ich mit dem Gedanken einer längeren Fahrradtour gespielt, mit Outdoor-Übernachtung und Selbstüberwindungskram. Sehr spontan habe ich Anfang September, die Vorhersage verhieß stabiles Wetter, mein Rad geschnappt und bin in drei Tagen von meinem Wohnort Erlangen in meine Geburtsstadt Gmunden gestrampelt. Dreihundertachtzig Kilometer, verdammt viele Stunden im Sattel und mit Isomatte und Schlagsack unterm Sternenhimmel.

Der Körper hat Grenzen aufgezeigt, wenn er meinte nach sieben oder acht Stunden nicht mehr richtig Druck auf die Pedale bringen zu können, dann kam der Geist dazu, der wusste, Freundchen, es sind noch immer vierzig Kilometer. Nebenbei die Erkenntnis, dass die Nächte im September kühler und feuchter als gedacht sind und die Bestätigung, der Schlaf unter freiem Himmel ist einfach nicht ganz so erholsam wie jener im Bett.

Das Ergebnis war keine sportliche Höchstleistung, natürlich keinerlei Erholung und auch keine metaphysische Reise ins Innere, aber ich habe es durchgezogen und deshalb ist es für mich einer meiner drei Höhepunkte in 2021.

Sonnenuntergang an Tag 2 kurz vor der österreichischen Grenzen

Platz 2. Das Leben feiern

Ich liebe Kulturveranstaltungen. Lesungen, Konzerte, Standup-Comedy, Kabarett, Theater. Solches Zeug. War 2020 auf ein paar wenige Open-Air-Konzerte mit zugewiesenen Sitzplätzen und strengen Regeln beschränkt, nahm dieses Jahr diesbezüglich wieder Fahrt auf. Nicht nur Olli Schulz, Moop Mama und Bülbül Manush Open-Air, auch Till Reiners, Moritz Neumeier im E-Werk, Sven Regner im Redoutensaal, „Guguss“ im Gostner Hoftheater, die Premiere von „Glückliche Tage“ im Markgrafentheater … , alles tolle Veranstaltungen, aber mein Höhepunkt war der 9. Oktober, als Liedfett im großen Saal des E-Werks auftraten.

Nicht nur, dass ich die Musik der Band aus Hamburg einfach feiere (beispielsweise „Kommst du mit?“) und sie live wirklich alles gegeben haben und noch ein Vielfaches besser sind als aus der Konserve, darüber hinaus war es ein Konzert „wie früher“. Ohne Masken, Sitzplätze und Kontaktbeschränkungen, dafür aber mit Pogo, Schweiß und all dem anderen herrlichen Blödsinn.

Ich gestehe, ich habe mir bei der Vorband anfangs noch verwundert die Augen gerieben und erst dabei ist mir bewusst geworden, wie sehr ich das alles vermisst habe. Aber danach ging es ab ins Getümmel und es war einfach großartig.

Liedfett im E-Werk

Platz 1. Einsteigen und losfahren

Der Schüleraustausch meines Sohnes hatte nachgewirkt und er wollte wieder nach Lublin, um die Stadt und seine Gastfamilie wiederzusehen. Da die Erreichbarkeit mit Bus und Bahn einer mittleren Weltreise gleicht, haben wir beschlossen gemeinsam zu fahren. Ich war seit zwei Jahrzehnten nicht mehr in Polen und wollte meine Eindrücke von damals auffrischen.

Das Ergebnis war ein Roadtrip, wie man ihn sich nur wünschen kann.

Über Breslau nach Lublin, dann hoch an die Frische Nehrung und die Ostseeküste zurück nach Stettin. Viel zu wenig Zeit in einer Woche, um so lange zu bleiben, wie man es wollte, alles zu sehen, was man sehen könnte, aber dennoch Zeit genug für grandiose Erlebnisse und vor allem Zeit mit meinem Sohn. Eine Reise, die wir beide unglaublich genossen haben, die unsere Beziehung vertieft hat und die wir nicht vergessen werden.

Eine wirklich wunderschöne Erinnerung und für mich der Höhepunkt 2021.

An der Frischen Nehrung

Und es gäbe noch mehr, die Nacht am Hetzles, Wanderungen auf den Bergen rund um den Tegernsee, mit dem Zug nach Padua und Bologna, die Möglichkeit endlich wieder vor Publikum zu lesen, Veröffentlichungen meiner Texte … zahlreiche Gelegenheiten, die mir viel bedeuten, aber Sinn der Übung war für mich, 2021 eine Chance zu geben, auch als Jahr mit außergewöhnlich schönen Erlebnissen in meinem Leben haften zu bleiben. Ich hoffe, mir das bewahren zu können.

Vielleicht habt ihr auch Lust auf dieses Experiment.

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