Am 25. Oktober hatte ich Heike Duken bei meiner Lesereihe „Literatur im Studio“ zu Gast. Es war mir ein ganz besonders Vergnügen sie begrüßen zu können, nur leider lag der Termin wenige Tage vor dem Erscheinungsdatum ihres neuen Romans.
Anfang November war es dann soweit. „Wenn das Leben dir eine Schildkröte schenkt“ ist erschienen und nun, auf der Fahrt nach Kärnten, hatte ich endlich Gelegenheit das Buch zu lesen und meine diesbezügliche Neugier zu stillen. Denn seit Jahren kenne ich Heike Duken als brillante Erzählerin von Kurzgeschichten und ich war gespannt auf ihren neuen Roman.
Zwar hatte Heike bei der Lesung im Oktober noch keine Bücher zum Verkauf dabei, aber dennoch einen Ausschnitt aus dem Buch gelesen. „Antek Vukovic“ war das Kapitel, das sie ausgewählt und womit sie das Publikum begeistert hat. Der einigermaßen durchgeknallte Max erklärt darin seine Sicht der Dinge, seine Liebe zu Süßkram, das belastete Verhältnis zu seiner Mutter und warum ein Trümmerbruch eine feine Sache ist.
Max ist einer der Protagonisten des Romans, die immer aus ihrem Blickwinkel die Geschichte ihrer Familie erzählen. Jeder findet seinen Platz und berichtet Episoden seines Lebens. So entsteht aus den einzelnen Erzählungen ein Mosaik, das sich mit jedem Kapitel weiter zusammensetzt, von 1973 bis 2018. Drei Generationen, bunt gemischte Charaktere, nicht nur der Sonderling Max. Der Leser begleitet Frieda und Heinrich, die Großeltern, wie sie sich finden und was sie zurücklassen, die Kinder Karen, Nele und Mattis, was sie verbindet und was sie trennt, bis zu den Enkelkindern Lena, Ben, Thomas und eben Max, deren Leben aufgrund ihrer Familie miteinander verwoben sind und dennoch kaum unterschiedlicher sein könnten.
Ein Episodenroman und Familienmosaik also, das sich zu guter Letzt bei einem Treffen zusammenfügt, bei dem alte Wunden aufreißen, obwohl es dabei doch nur um Charly, die Schildkröte, gehen sollte …
Einfühlsam und originell zeichnet Heike Duken die Personen und Situationen. Komische wie tragische Sequenzen wechseln einander ab beziehungsweise vermischen sich. Stets findet sie dabei den richtigen Ton, die richtige Sprache, um die Charaktere authentisch erscheinen zu lassen. Prägende Ereignisse der Protagonisten zeigen, welche Ursachen die Beziehungen innerhalb der Familie Paulsen haben.
Denn es besteht kein Zweifel, eine Familie über drei Generationen ist in jedem Fall ein komplexes Gebilde. Welches sich Heike Duken ausgedacht hat, kann man in „Wenn das Leben dir eine Schildkröte schenkt“ auf unterhaltsame Art nachlesen.
Heike Duken
„Wenn das Leben dir eine Schildkröte schenkt“
Limes Verlag, 272 Seiten
(Soll es auch online geben, aber ich empfehle den Erwerb über den Buchhändler um die Ecke.)