
Oft wurde ich im schriftstellerischen Umfeld gefragt, ob ich auch einen „Brotberuf“ hätte, worüber ich als „Autor“ aber ungern reden wollte, wollte ich doch als Autor wahrgenommen werden. Andererseits bin ich aber auch im beruflichen Kontext nie mit meiner schriftstellerischen Tätigkeit „hausieren“ gegangen, um einen professionellen Umgang zu bewahren. Stets war es mir wichtig, die beiden Welten voneinander getrennt zu halten. Sie sollten sich nicht beeinflussen, sollten nicht um Priorität konkurrieren, sich nicht vermischen.
Nun aber, nach Jahren der Trennung meiner beiden Leidenschaften, wurde ich aufgefordert in der Osterausgabe einer Mitarbeiterzeitung – die heutzutage natürlich digital ist – ein Interview zu geben, Kategorie „Extraordinary Hobbies“. Gerne bin ich dem nach kurzer Bedenkzeit nachgekommen. Da ich denke, es ist Zeit auch hier etwas über diese Facette meines Lebens zu berichten, habe ich mich entschlossen, das Ergebnis auch auf meiner Webseite zu platzieren und einen Einblick in meinen beruflichen Kontext als Softwarearchitekt bei Siemens Healthineers zu gewähren. Bitte schön, viel Spaß beim Lesen!

Die Mitarbeiterzeitung erscheint ausschließlich in englischer Sprache.
Das Interview habe ich aber auf Deutsch gegeben.
Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Tatsächlich habe ich – mit Unterbrechungen – immer schon leidenschaftlich geschrieben. Der Auslöser, es ernsthafter anzugehen, war der Roman eines Schriftsteller, den ich bis dato gern gelesen hatte, dessen Ende mich aber enttäuschte und ich mir dachte, das kann ich besser. Aus dem Antrieb heraus habe ich „Fast eine Jugend“ geschrieben. Ob mein Roman letztlich besser geworden ist, bleibt subjektiv, aber jedenfalls war mein Buch deutlich weniger erfolgreich.
Von was handelt dein 2013 erschienener Roman „Fast eine Jugend“?
Es ist ein Coming-Of-Age Roman in dem der Leser einen Jungen einen adoleszenten Sommer lang begleitet. Das Buch eröffnet damit, dass der Protagonist seinen Bruder tot auffindet und damit seine Welt auf den Kopf stellt.
Kannst du uns Einblicke in deinen Schreibprozess geben?
Ich bin ein furchtbarer Plotter, es gibt nie einen kompletten Vorentwurf eines Projekts, vielmehr steht bei mir zu Beginn stets eine Szene. Es mag sich eigenartig anhören, aber mich „überfällt“ eine Situation, eine Idee und darauf aufbauend schreibe ich los. Meist habe ich keine genaue Vorstellung, wohin mich das führen wird und es diktieren die handelnden Personen, wie es weitergehen soll. Bei „Fast eine Jugend“ war es die Szene mit dem toten Bruder, die mich interessierte und die Frage aufwarf, was passiert mit dem Jungen, was erlebt er. Bei einem anderen Roman war die Idee, dass ein Mensch einfach verschwindet und niemand weiß, was mit ihm passiert ist. Ich fand es spannend zu „beobachten“, wie sein Umfeld reagiert und die Personen aus ihren Ungewissheiten Rückschlüsse ziehen und handeln.
Aus solchen Ideen entsteht vielleicht ein Roman, aber meistens werden es Kurzgeschichten.
Woher nimmst du deine Ideen? Hat dein Privatleben Einfluss auf die Geschichte von zum Beispiel Friedrich in „Fast eine Jugend“?
„Fast eine Jugend“, wie generell mein Schreiben, hat praktisch keinen Bezug zu meinem Privatleben. Wie gesagt, es sind immer Szenen, die mir einfallen und die mir dann aufzwingen, daraus etwas zu machen. Aber diese Ideen entspringen natürlich schon mal dem Alltag, beispielsweise als ich mich über mich wunderte, gerade mein altes St. Pauli T-Shirt zu bügeln. Daraus entstand eine Erzählung über jemandem, der sich einbildet noch Punk zu sein, aber tatsächlich seine Spießigkeit auslebt.
Der Titel deines Erzählbands „Das Leben als Konjunktiv“ weckt Assoziationen an verpasste Chancen, alternative Schicksale und das „Was wäre, wenn?“. Inwiefern spiegelt dieser Gedanke die Themen der Erzählungen wider?
Für das „Das Leben als Konjunktiv“ gibt es eine titelgebende Erzählung, in der es genau um das „Was wäre gewesen, wenn“ geht. In dem Fall treffen sich zwei Menschen, die sich geliebt hatten, nach Jahren wieder, und stellen fest, dass sie an den Enden des Spektrums der gesellschaftlichen Anerkennung gelandet sind.
Aber generell ist mein Schreiben immer ein Ausloten des Möglichen, ein Suchen nach den Hintergründen menschlichen Handelns und deren Auswirkungen. Und dabei versuche ich für mich, auch wenn die Geschichten allesamt erfunden sind, ein paar Erklärungen zu finden.
An wen richten sich deine Bücher?
Ich versuche ernsthafte Literatur für ein Publikum zu schaffen, das an ebensolcher interessiert ist. Und ich bin mir dabei bewusst, es den Lesern oder Zuhörern nicht immer leicht zu machen. Weniger des Stils wegen, mehr aufgrund der Geschichten, die ich erzähle, die hoffentlich nahe an unseren Wirklichkeiten sind, und dennoch häufig ein wenig ungemütlich und fast düster daherkommen. Nichts desto Trotz gibt es auch Satiren, Grotesken und andere heitere Texte in meinem Fundus.
Gab es einen besonderen Moment in deiner Schriftstellerkarriere, an den du dich gerne erinnerst?
Schwere Frage, da ich tatsächlich immer wieder sehr schöne und bereichernde Erlebnisse und Begegnungen hatte, etwa auf Lesereisen. Aber ein ganz besonderer Augenblick war sicherlich, als ich im Januar 2020 die Ehre hatte, die Holocaust-Gedenkveranstaltung im Erlanger Rathaus zu moderieren und dort auch einen meiner Texte vortragen konnte.
Wie bekommst du die Arbeit als Autor, deine Tätigkeit bei Healthineers und deine Pflichten als Familienvater unter einen Hut?
Beruflich bin ich mit ganzer Leidenschaft und Überzeugung bei den Healthineers. In meinem Privatleben hatte ich das Schreiben mehr oder weniger ritualisiert und mich nachts an den Computer gesetzt, wenn alle geschlafen haben. Mittlerweile habe ich als Familienvater weniger alltägliche Pflichten, da die Kinder aus dem Haus sind.
Gibt es Momente, in denen sich beide Welten überschneiden oder sogar gegenseitig bereichern?
Wie ich nicht über mein Privatleben schreibe, so schreibe ich auch nicht übers Büro. Einzig, ich habe immer wieder Kollegen getroffen, die gemeint haben, sie würden schon mal was von mir lesen, wenn ich Science Fiction schreiben würde. Das habe ich immer abgelehnt, war mir zu wenig nah, bis ich an einer Ausschreibung teilgenommen habe, in der eine solche Erzählung gefragt war – die letztlich auch veröffentlicht wurde. Aber trotz des ganzen Science Fiction Überbaus ist es doch fast wieder ein Sozialdrama geworden.
Woran schreibst du gerade?
Es macht mir nach wie vor besonders Freude Kurzgeschichten aus meinen Beobachtungen zu entwickeln, und diese entweder bei Wettbewerben zur Veröffentlichung einzureichen oder auf Lesebühnen oder Lesungen vorzutragen.
Wird es in nächster Zeit eine Gelegenheit geben, dich live zu erleben – beispielsweise bei einer Lesung oder einer anderen Veranstaltung?
Tatsächlich habe ich im Augenblick keinerlei Auftritte geplant, aber die letzten beiden Jahre bin ich beim Festival „Frei Bordsteinkante“ in Erlangen aufgetreten. Insofern bestehen die Chancen, falls das Festival wieder stattfindet, mich dort zu sehen.