Irgendwas ist immer das erste Mal. Diesmal also eine Wohnzimmerlesung, denn bislang wurde ich noch nie eingeladen, im privaten Rahmen eine Lesung zu geben. Und die Idee dazu stammte nicht einmal von mir.
Also wird ein Wohnzimmer freigeräumt, sämtliche Sitzgelegenheiten und solche, die es früher waren oder einmal werden wollen, werden im ganzen Haus (und vielleicht auch bei den Nachbarn) gesammelt, geschnorrt, gezimmert und geleimt und auf Stabilität und Bequemlichkeit geprüft. Sitzkissen, die für Menschen in einem gewissen Alter verführerische Gemütlichkeit ausstrahlen, für jene mit fortgeschrittener Reife in den Gelenken aber eher die Sorge aufkommen lassen, wie man aus dieser Position wieder in die Aufrechte kommen soll, werden am Boden verteilt. Einladungen werden ausgesprochen oder als Nachrichten verschickt. Kulinarische Mitbringsel diskutiert, Einkaufslisten geschrieben, eine Bier- und Weinauswahl getroffen und generell Überlegungen angestellt, was man aufwarten soll. Die Fragen, ob es auch genug sei und wie es überhaupt werden wird, prägen die Vorbereitungen.
So stelle ich mir das zumindest vor, da ich im Vorfeld nicht dabei war. Und weil ich es freundlich mit mir meine, mixe ich in meine Fantasie noch aufgeregte Vorfreude hinein.
Bei meinem Eintreffen am Ort des Geschehens ist jedenfalls schon alles organisiert, ich muss nur noch Lesen.
Aber zugegeben, auch meine Vorbereitung auf die Veranstaltung war diesmal durchaus nicht zu vernachlässigen, da ich schon seit Jahren keinen Soloabend mehr bestritten habe. Aus dem Reservoir mit zwei Roman (einer bislang unveröffentlicht) und mehr als einhundert Kurzgeschichten wollte ich ein Konzept für den Abend erstellen. Da mich die meisten Besucher der Veranstaltung nicht kannten, konnte ich aus dem Vollen schöpfen und wollte dies auch tun.
Einen Überblick über mein Oeuvre wollte ich geben. Das war scherzhaft gemeint, aber im Kern wollte ich tatsächlich eine gewisse Bandbreite mit meinen Texte abdecken, also sind es sehr alte Kurzgeschichten geworden, aber auch die neueste, die ich erst vor kurzem geschrieben habe. Beziehungsgeschichten, morbides und politisches. Es war unveröffentlichtes Material dabei und manches, das bereits in Büchern oder Zeitschriften abgedruckt oder bei Lesungen dargeboten wurde. Einmal quer Beet, sozusagen.
Und natürlich war es spannend für mich, vor allem Texte zu lesen, die bis zu diesem Zeitpunkt noch niemand gehört hatte, wie einen Auszug aus meinem zweiten Roman, von dem ich bis kurz vor der Veranstaltung keine Ahnung hatte, wie ich ihn umsetzen sollte.
Fünf viertel Stunden reine Lesezeit, mit Quasseln und Pause sind es doch etwa zwei Stunden geworden, bis zu meinem ersten Bier und den Mozzarellaspießchen.
Und das Fazit?
Mir hat der Abend sehr viel gegeben. Es war – und das ist keine Floskel – ein wirklich wunderbares Publikum, das mir während und nach der Lesung viel positive Rückmeldung gegeben hat. Vielleicht kam die besondere Aufmerksamkeit durch den Rahmen in der privaten und für viele der Anwesenden (ich denke mit meiner Ausnahme) vertrauten Umgebung. Es war wunderbar wieder einmal ein paar Bücher zu signieren, über die Erzählungen zu plaudern und zu hören, dass die Idee für den neuen Roman großes Interesse geweckt hat.
In diesem Sinne kann ich mich nur noch einmal recht herzlich für die Einladung bedanken!
… und sollte noch jemand ein etwas größeres Wohnzimmer und literaturinteressierte Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Bekannte haben, darf man sich gerne bei mir melden.