Neben vielen schönen Eindrücken und Erlebnissen, Ausgelassenheit und Freude, nehme ich immer auch ein Stück Inspiration aus dem Urlaub mit. Man stolpert über Dinge, die einen spontan beschäftigen, über die Tage des Urlaubs hinaus oder vielleicht sogar für lange Zeit. Seien es Jachten und Dinos, Straßenkünstler oder Graffitis, die die Seele einer Stadt verändern und sich ins Herz zeichnen.
Diesmal etwas morbider. Diesmal ein Friedhof.
Entdeckt zwischen Olivenhainen und Weinbergen, seit Jahrzehnten verlassen. Klassisches Gruselbild. Verfallenes Tor, verwachsene und umgestürzte Grabsteine, wucherndes Gras, das in der Hitze der Toskana trocken geworden ist und kratzig um die Beine streicht. Dornengestrüpp und eine vielsagende Stille. Nachts möchte man nicht hier sein, das würde nur anerzogene und irrationale Ängste an die Oberfläche tragen.
Man sagt Österreichern ja nach, dass sie eine gewisse Freude am Untergang und der Tragik haben, genügend künstlerische Vorbilder gibt es, und zum Teil trage ich das vermutlich auch in mir. Dabei geht es beim Besuch eines Friedhofs aber nie um das Gruseln in der Art eines Hollywoodschockers (damit kann ich überhaupt nichts anfangen), sondern vielmehr darum, welche Geschichten und Schicksale mit den Menschen zu Grabe getragen wurden. Denn die verborgenen und unbekannten Geschichten sind es, die mich inspirieren, die Möglichkeiten und die unbeantworteten beziehungsweise unbeantwortbaren Fragen.
Da ich von der Einzigartigkeit der Menschen fasziniert und fest davon überzeugt bin, jeder hat seine Geschichte, die es wert ist aufgeschrieben zu werden, schleiche ich neugierig, aber auch ehrfürchtig über diesen speziellen Friedhof. Ich lausche den Geschichten, die mir geflüstert werden und die Gedanken rattern. Die Fragen, die offen sind, wollen durch Fantasie beantwortet werden. Und das mit Respekt und Würde dem einzelnen gegenüber (auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass derjenige noch viel davon bekommt, ist es eine Frage des Anstands).
Wer also ruht in diesen Gräbern? (Wobei „ruhen“ doch sehr euphemistisch ist.) Was hat der oder diejenige erlebt? Auch wenn die Inschriften italienisch sind, suche ich die Gräber nach Namen und Daten ab. Die Fantasie wird befeuert und auch wenn ich mit meinen Ideen vermutlich völlig falsch liege, ein Gefühl für die Zeit und die Lebensumstände glaube ich greifen zu können. Und das verwahre ich in mir und ziehe weiter. Halb auf der Suche danach, halb ist es ein Stolpern über Geschichten, die von mir erzählt werden wollen.
Ihr hört von mir. Jetzt mach ich mal weiter Urlaub.
Ich gehe auch so gerne auf Friedhöfe, auch wegen der Geschichten. An ein Grab in Bratislava kann ich mich erinnern, auf dessen Grabstein zu lesen war, dass die Frau ihren Mann um 50 Jahre überlebt hat. Man stelle sich das mal vor, 50 Jahre Witwe…..vielleicht kommt das sogar öfters vor. Ich habe es damals erstmalig bewusst gelesen und ich denke noch immer daran